Konzept
Das Korpus einfaches Deutsch (KED) ist eine digitale Sammlung bildungssprachlicher Texte in einfachem Deutsch. Unter Texte in einfachem Deutsch werden hier solche Texte verstanden, die für Lesende mit (vermutlich) eingeschränkter oder noch unterentwickelter Lesekompetenz geschrieben sind. Von solchen Texten ist zu erwarten, dass die Textproduzenten sie verständlicher und an die Bedürfnisse ihrer Adressaten angepasst formuliert haben (Bredel und Maaß 2016, 537). Die Auswahl der Texte erfolgt also ausdrücklich nicht nach formalen Kriterien der Einfachheit oder Komplexität eines Textes (etwa der Satzlänge oder dem Umfang des verwendeten Wortschatzes), sondern nach pragmatischen Kriterien. Das Korpus enthält solche Texte, die erkennbar mit der Absicht formuliert wurden, ihre Verständlichkeit für eine Adressatengruppe zu verbessern, von der die Textproduzenten annehmen, dass sie Schwierigkeiten beim Lesen „normalsprachlicher“ Texte haben könnte. Enthalten sind beispielsweise Texte aus dem Online-Kinderlexikon Klexikon. Diese Texte sollen laut Webseite „kindgerecht“ gestaltet sein, d.h. „dass der Inhalt gut verständlich ist und an die Lebenswelt von Kindern anschließt“1. Ein weiteres Beispiel sind Texte aus dem Online-Angebot der Apotheken Umschau in einfacher Sprache. Diese Texte sind mit der Absicht formuliert, „besonders verständlich“ zu sein, so dass „[a]lle Menschen […] sich über medizinische Themen informieren können“2.
Die Texte im KED sind bildungssprachlich mit Bezug auf ihre Themen, Sprachhandlungen und Textsorten. Mit Bildungssprache wird das Register einer Sprache bezeichnet, das im Kontext formaler Bildung (z.B. in Schule oder Universität) besonders relevant ist (Gogolin und Lange 2011). Das bildungssprachliche Register ist als eine Auswahl von Sprachmitteln beschreibbar, die sich aufgrund ihrer formalen oder pragmatischen Eigenschaften besonders gut für die Wissensvermittlung und die Kommunikation in formalen Bildungskontexten eignen. Hierzu gehören beispielsweise ein sachlicher Stil und logischer Aufbau von Texten, abstrahierende und differenzierten Ausdrücke sowie unpersönliche Formulierungen (z.B. Passivsätze). Solche Eigenschaften sind typisch für bestimmte Textsorten, die in der formalen Bildung eine zentrale Rolle spielen, etwa Sachtexte, Berichte oder Argumentationen. Die Texte im KED wurden, wie bereits betont, nicht nach formalen, sondern ausschließlich nach pragmatischen Kriterien ausgewählt. Die gewählten Textsorten sind typisch für bildungssprachliche Kontexte und behandeln Themen der Allgemein- oder schulischen Bildung. Enthalten sind vorwiegend Lexikonartikel, Erklärtexte und Experimente und Argumentationen, die häufig ausdrücklich inhaltlich an schulischen Curricula orientiert und als Ergänzung zum Fachunterricht gedacht sind. Narrative Texte (z.B. Erzählungen) oder fiktionale Texte wie etwa Märchen sind dagegen nicht im Korpus enthalten.
Auch Texte mit explizit sprachbildender Absicht sind nicht im KED enthalten. In diesem Sinn sind die Texte im KED authentisch (Gilmore 2007). Sie wurden von echten Schreibern für echte Leser mit der Absicht produziert, eine inhaltliche Botschaft zu übermitteln. Sie sind nicht mit sprachdidaktischer Absicht entstanden, etwa um eine bestimmte sprachliche Zielstruktur hervorzuheben oder die Lesefähigkeit der Leser zu verbessern. Texte in Leichte Sprache (Stefanowitsch 2014) sind ebenfalls nicht im Korpus enthalten. Texte in Leichter Sprache werden von speziell geschulten Autoren verfasst und richten sich vorwiegend an Menschen mit dauerhaften kognitiven Einschränkungen. Sie folgen bestimmten Regeln und weisen besondere formale Eigenschaften auf, beispielsweise die Schreibung von Nomenkomposita mit Trennzeichen oder die weitgehende Vermeidung von Passivkonstruktionen, die sie deutlich von umgangs- oder bildungssprachlichen Varietäten unterscheiden und als ungeeignet für den Fremdsprachenunterricht erscheinen lassen.
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Literatur
Fußnoten
https://klexikon.zum.de, 06. November 2024.↩︎
https://www.apotheken-umschau.de, 06. November 2024.↩︎